Inhalt

Als Cherry auf einer Party die bezaubernde Emily kennenlernt, ist es sofort um ihn geschehen und seine entfernt lebende Freundin rasch vergessen. In der neuen Beziehung blüht er förmlich auf und es könnte eigentlich nicht besser laufen. Als Emily ihm dann eines Tages gesteht, dass sie in Kanada studieren möchte, bricht die heile Welt zusammen. Aus Trotz meldet sich Cherry freiwillig bei der Army…

Fazit

Ich liebe es, wenn mich ein Film so richtig kalt erwischt – und das war bei „Cherry“ absolut der Fall. Am Anfang hatte ich aufgrund der überlangen Laufzeit (knapp 2,5 Stunden) zum Schauen leichte Motivationsprobleme, doch nach wenigen Minuten waren diese Sorgen vollkommen vergessen. Das Werk teilt sich selbst in übersichtliche Kapitel ein und entwickelt einen unglaublichen Sog mit Höhen und Tiefen – was ich in diesem Fall allerdings als extrem positiv empfand und nicht als negative Kritik verstanden haben möchte.

Der Titel weißt ganz klar autobiografische Züge auf. So krass einige Abschnitte für sich erscheinen, so konsequent und glaubhaft fügen sie sich letztlich doch in das Gesamtbild ein. Was wie eine harmlose, unschuldige Teenie-Romanze begann, entwickelt sich zum waschechten Kriegsfilm und letztlich zu einem Drama mit jederzeit verständlich konstruierten Hintergründen.

Eine Zeitlang hat mich das Präsentierte ein wenig an den Klassiker „Dead Presidents“ erinnert, doch ab einem gewissen Punkt schlug man eine andere und wesentlich glaubwürdigere Gangart ein. Man ging mit vielen Themen wesentlich kritischer als bei manchen Konkurrenten um und bot uns Figuren, mit denen man sich perfekt identifizieren konnte. Natürlich wirkten die Darsteller zuweilen etwas arg jung, aber irgendwie übt gerade die unschuldige Ausstrahlung einen zusätzlichen Reiz aus. Man nimmt das Geschehen durchaus anders wahr, als wären hier harte Kerle am Start. Besonders die Zeit in der Army wirkte da viel hoffnungsloser und schwieriger.

Durch seine tolle Erzählweise wurden die einzelnen Abschnitten klar getrennt und gleichzeitig elegant ineinander übergeleitet. Es gab Einblendungen über den jeweiligen Akt und eine passende Bezeichnung hierzu. Dazu gesellte sich die Stimme des Hauptakteures als Sprecher aus dem Off, der nicht selten mit vortrefflichen Bezeichnungen aufwarten konnte. Er behielt stets seine jugendhafte Weise bei und drückte die jeweilige Situation mit seiner zuweilen eher rohen Sprechweise aus, was nicht nur dem allgemeinen Charme, sondern eben bereits gelobter Authentizität nur zu Gute kam.

Es gab Momente, wo die Akteure aus unterschiedlichen Blickwinkeln (z.B. aus dem Spiegel) auf sich hinab blickten oder Szenen, die in einem kleinen Bildformat abliefen. Dies unterstreicht die Gefühlslage auf ganz eigene und ziemlich gelungene Weise, was in meinen Augen von echtem Kunsthandwerk spricht. Man hat sich bei der gesamten Konzeptionierung sichtlich Mühe gegeben und mit vergleichsweise einfachen Mitteln einen einmaligen Look abgeliefert.

Tom Holland drängt sich immer mehr in die Riege der großen Darsteller. Er legt hier eine Performance an den Tag, die man ihm selbst nach seinen stabilen Auftritten in „Spider-Man“ bzw. „Avengers“ kaum zugetraut hätte. Ja, er wirkt unglaublich jung, doch nach kurzer Eingewöhnung passt das schon recht gut. Gleiches kann man von Filmpartnerin Ciara Bravo ebenfalls behaupten – die Wandlung vom schüchternen Mädchen zum Junkie wurde überragend gespielt.

In diesem noch recht jungen Jahr ist „Cherry“ einer meiner ersten Geheimtipps geworden. Mich hat das Gezeigte dermaßen gepackt, fasziniert und unterhalten, dass ich ihn gerne in bleibender Erinnerung behalten und wärmstens weiterempfehlen werde. Sicherlich wurden nicht alle Aspekte von Grund auf neu erfunden, doch die fantastische Kombination miteinander sorgte für echte Begeisterung und einer Frische, die ich bei vielen anderen Werken in letzter Zeit sehr vermisst habe.

9/10

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