Inhalt

Seit seiner traumatischen Kindheit wird Danny Torrance von seltsamen Visionen geplagt und hat den Umgang damit über die Jahre irgendwie erlernt. Er heuert in einem Hospiz an und gibt dank seiner besonderen Fähigkeiten einen hervorragenden Sterbegleiter. Eines Tages jedoch wird er von einem Mädchen mit ähnlichen Kräften um seine Hilfe auf der Suche nach einem vermissten Jungen mit abermals ähnlichen Begabungen gebeten…

Fazit

Fortsetzungen von großen Klassikern sind immer eine Sache für sich – zumal wenn die Vorgänger schon etliche Jahre auf dem Buckel haben und seinerzeit in sich vollkommen stimmig und abgeschlossen waren. Trotz der erneuten Vorlage von King waren die Bedenken bei „Doctor Sleep“ im ersten Moment sicherlich gerechtfertigt, doch nach wenigen Minuten glücklicherweise vollkommen in Rauch aufgelöst.

„Doctor Sleeps Erwachen“ ist Fortsetzung und liebevolle Hommage in Einem. Der Film macht über knappe zwei Stunden sein komplett eigenes Ding und fährt am Ende mit einem gelungenen Nostalgiefaktor auf – ohne direkt bei „Shining“ abzukupfern. Er recycelt zwar alte Locations, doch im neuen Kontext wirken sie frisch und absolut passend. Die Verwendung alter Schnipsel wirkt nicht erzwungen, sondern konkret in die neue Handlung eingebettet – und herrlich schaurig.

Der Grundton war jederzeit düster und beklemmend. Selbst in strahlenden Szenarien mit warmen Farbtönen fühlte man stets einen seltsamen Unterton – und das hat so richtig in seinen Sog gezogen. Man konnte viele Elemente auf den ersten Blick noch nicht greifen, hatte dennoch ein Interesse an deren Aufklärung. Während ich bei manch verwirrendem Konkurrenten durchaus mal schnell die Lust verliere, hielt mich „Dr. Sleep“ mit seiner eigenen, unvergleichbaren Art an den Schirm gefesselt.

Ewan McGregor ist eigentlich immer eine sichere Bank und auch hier war Verlass auf sein Talent. Obwohl wir ihn im Kopf bereits mit vielen anderen Rollen assoziieren, konnte man sich hier prima mit ihm als Danny Torrance anfreunden. Er gab seiner Figur jede Menge Sympathie und Verständnis – was übrigens auch für die anderen ausgezeichneten Akteure galt. Alle harmonierten hier wunderbar miteinander und selbst die kleinste Nebenrolle wurde mit Sorgfalt besetzt.

Mit seiner deutlichen Überlänge setzt „Doctor Sleep“ ein klares Zeichen. Er ist kein seichter Spaß für Zwischendurch – sondern ein äußerst stimmiges Werk, welches eine gewisse Aufmerksamkeit erfordert und dafür angenehm in seine großartig inszenierte Geschichte zieht. Ich habe mich jedenfalls keine Sekunde gelangweilt und gebe nicht nur allen Fans von Jack Torrance eine uneingeschränkte Empfehlung. Eine Sichtung von „Shining“ ist zudem nicht unbedingt nötig – der Tiefe und den Anspielungen schadet eine Vorkenntnis jedoch nicht. Man hätte es kaum gedacht, aber diese King-Adaption ist DAS großartige Horror-Spektakel, welches ich mir eigentlich von der Neuverfilmung von „ES“ erhofft hätte.

8,5/10

Fotocopyright: Warner